SPD-Fraktion lehnt Doppelhaushalt 2022/2023 ab

Doppelhaushalt 22/23

SPD-Fraktion

Michael Stechele

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Liebe Kolleginnen, Liebe Kollegen,

Sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, der Presse und hier im Publikum

Das Coronavirus hat die Welt weiterhin fest im Griff und ist somit für alle BürgerInnen dieser Stadt eine besondere Herausforderung, für viele eine existentielle Bedrohung. Das Coronavirus führt ohne steuernde Eingriffe zum Kollaps des Gesundheitssystems und zum Stillstand wirtschaftlichen Handels. Dem ein Ende zu bereiten, helfen keine Demonstrationen gegen notwendige Schutzmaßnahmen, sondern nur konsequentes Handeln.

In weiten Teilen der Welt leiden Menschen unter den Folgen des von uns Menschen verantworteten Klimawandels. Am 14. Juli des letzten Jahres wurden diese Konsequenzen mit voller Wucht in Rheinlandpfalz und NRW spürbar. Auch wenn es uns in Sundern nicht so hart getroffen hat, wie z.B. das Ahrtal, so ist die Betroffenheit und Fassungslosigkeit für viele BürgerInnen noch heute spürbar. Trotz vieler Mahnungen hier im Rat der Stadt Sundern, ist nicht ausreichend Vorsorge getroffen worden. Der 14. Juli war ein Warnschuss. Ich befürchte nur, dass nicht alle den Knall gehört haben. Wir sollten uns nicht mehr von denen leiten lassen, die den Klimawandel noch heute leugnen. Was wir für Sundern brauchen ist ein umfassendes Konzept, um mit den Klimafolgen besser umgehen zu können. Die SPD-Fraktionen hat in den letzten Jahren viele Vorschläge vorgelegt.

Wir müssen die Retentionsflächen entlang der Flüsse deutlich ausweiten. Versiegelte Flächen sind zurück- oder umzubauen, so dass bei Starkregen das Wasser in geeigneten Rückhaltesystemen gebremst wird. Die Flussläufe müssen ständig freigehalten werden. Die SPD-Fraktion hat deshalb mehr Personal für die technischen Dienste gefordert. Wir müssen uns im Wohnungs- und Siedlungsbau neu aufstellen, dass allerdings nicht nur wegen des Klimaschutzes. Wir müssen die Wälder klimaresistent gestalten. Und wenn das nächste Ereignis eintritt, müssen wir besser vorbereitet sein. Alle verfügbaren Kräfte des Katastrophenschutzes frühzeitig alarmieren und einsetzen. Mobile Spundwände an neuralgischen Punkten aufbauen und Sandsäcke palettenweise verteilen. Kleine Brücken so umbauen, dass das THW sie entfernen kann und da, wo das jetzt schon möglich ist, sollte das auch passieren. Vielen Dank an alle Bürger*innen der Stadt, die durch persönlichen Einsatz Schlimmeres verhindern konnten.

Zu den wichtigsten Ankündigungen der CDU geführten Koalition gehört die bilanzielle Klimaneutralität. Das „bilanziell“ ist jetzt weg, das Ziel dennoch gut. Was nicht gut ist, ist der Umsetzungswille. Statt eines klaren Maßnahmepaketes konnte sich die Koalition nur auf ein vages Programmchen verständigen:

  1. Förderung der Windenergie insbesondere auf den wahrscheinlich nicht mehr verfügbaren Windvorrangflächen. Was dann übrig bleibt sind Flächen zwischen Sundern Kern und Sorpesee
  2. Ausbau von Photovoltaikanlagen fördern, aber ohne Geld.
  3. Einstellung einer Klimamanagerin, wenn sie denn gefördert wird.

Das bringt uns nicht weiter. Das ist nicht konkret. Das wirkt nicht in den verbleibenden acht Jahren. Greta Thunberg hat so etwas zutreffend als „Bla, Bla, Bla“ bezeichnet. So bleiben wir auch beim Thema Klimawandel auf dem Standstreifen.

Die SPD-Fraktion hat auch im vergangenen Jahr eine Stärkung der Verwaltung gefordert. Wenn wir Glück haben, dann wird das in diesem Jahr etwas.

In 2022 müssen endlich alle geeigneten städtischen Dachflächen mit Photovoltaik ausgestattet werden.

Wir müssen Flächen entsiegeln und die private Verantwortung für den Klimaschutz fördern.

Wir brauchen eine Verkehrswende, die für Bus, Bahn und Rad den notwendigen Raum schafft. Wir brauchen in der Verwaltung eine verantwortliche Person, die sich um den Ausbau des Radwegenetzes kümmert.

Wir müssen in der Planungspolitik andere Maßstäbe setzen. Es ist ökologisch und sozialpolitisch unverantwortlich, dass wir auf zu großen Grundstücken zu große Hauser für sehr gut verdienende Menschen bereitstellen. Was wir brauchen sind kleinere, bezahlbare und barrierefreie Einheiten und kleine Mehrfamilienhäuser. Wohnbaufläche ist knapp und führt neben anderen Faktoren in den kommenden Jahren weiter zu rasch steigenden Mieten.

Trotz Corona und Lieferengpässe, die wirtschaftliche Lage Sunderns ist gut. Wir profitieren von starken mittelständischen Unternehmen, soliden Handwerksbetrieben und vielen innovativen Dienstleistern. Die ökonomischen Risiken sind hier strategisch eher in Demographie und digitaler Transformation gegründet. Hier ist eine vorausschauende Wirtschaftspolitik im Rathaus erforderlich. Die Wirtschaftsförderung muss mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden und die Wirtschaft muss sich daran aktiv beteiligen. Die erste Aufgabe für die neu aufgestellte Wirtschaftsförderung „Sundern GmbH“ wird die Vorstellung einer Strategie für Sundern sein. Wie und wo wollen wir oder unsere Kinder und Enkel zukünftig arbeiten. Deshalb ist es wichtig, dass in dem Verwaltungsrat der GmbH Gewerkschaften und Unternehmen vertreten sind.

Die Entwicklung der Innenstadt, des Tourismus am Sorpesee und die weitere Entwicklung vom Gewerbefläche sind weitere wichtigen strategischen Themen. Hier ist in den letzten 13 Monaten Ruhe eingekehrt aber auch Zeit verloren gegangen. In der Innenstadt haben wir ein Haus gekauft, in Amecke den Flächennutzungsplan verkleinert und Gewerbeflächen stehen weiterhin nur wenigen Investoren zur Verfügung.

Sicherlich ist es schwer im politischen Raum zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen. Die gängigen Beteiligungsverfahren sind zu sehr auf die Konservierung bestehenden Status quo ausgerichtet. Die SPD-Fraktion setzt auf innovative Beteiligungsverfahren, die das Stimmungsbild des Querschnitts der Bevölkerung spiegeln und somit zu tragfähiger Politikberatung führen. Auch wenn die Grünen in Bund und Land sich für Bürgerräte bei solch zentralen Fragen einsetzen, in Sundern lehnen sie es ab. Nehmt die BürgerInnen mit. Mehr Mut zur Bürgerbeteiligung und Transparenz, so wie es vor der Wahl von allen Parteien versprochen wurde. Denn nur wenn das gelingt, werden die enormen Kraftanstrengung die erforderlich sind, die notwendige Wirkung entfalten.

Die Zukunft der Stadt ist eng verknüpft mit den Möglichkeiten der Bildung. Wir haben in Sundern bis zur Hochschulreife ein breites Bildungsangebot. Und weil wir immer wieder Druck gemacht haben, ist die digitale Infrastruktur in Sunderns Schulen überwiegend gut. Schlecht aufgestellt sind wir bei der Gebäudeinfrastruktur. Und das liegt nicht am mangelnden Geld. Die GPA hat im jüngsten Gutachten festgestellt, wir investieren eher in Parkplätze und Straßen als in Schulinfrastruktur.

Gute Bildung ist aber nicht nur eine Frage der Infrastruktur, sondern auch der Struktur des Bildungssystems. Es ist bedauerlich, dass in dieser Frage der Koalition der Mut fehlt Eltern an dieser fundamentalen Zukunftsfrage zu beteiligen. Wir werden hier nicht lockerlassen.

Die Mitarbeiterinnen des Hauses machen alle einen prima Job. Mit Klaus Rainer Willeke ist die erforderliche Ruhe eingekehrt. Wir würden uns wünschen, dass die Erkenntnisse aus dem Allevo Gutachten zügig umgesetzt würden. Die Einrichtung der Stelle einer Beigeordneten halten wir weiterhin für falsch. Das Verfahren zur Besetzung der Stelle für kritisch. Frau Dr. Bila, ich glaube sie werden den Job hinbekommen. Es wäre für Sie und einer guten Kultur der Zusammenarbeit förderlich gewesen, wenn Sie die Gelegenheit gehabt hätten sich bei der Vorstellung im Rat mit ein oder zwei Mitbewerbungen präsentieren zu können. Das ist aber nicht Ihnen vorzuwerfen. Hier hat die CDU die notwendige Transparenz nicht herstellen wollen.

Der Haushalt ist die in Zahlen gefasste Agenda jetzt für zwei Jahre. Er ist ein Leistungsversprechen an die Bürgerinnen und Bürger. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass vieles von dem was hier drinsteht, nicht umgesetzt wird. Die Finanzierung erfolgt im Wesentlichen über die Anteile aus den Bundessteuern und den lokalen Steuern. Die einzigen Steuern, die exakt zu kalkulieren sind, sind die Grundsteuern. Bei der Einschätzung des Ertrages der übrigen Steuern haben wir eine andere Einschätzung als die Kämmerin und der Bürgermeister. Das finde ich legitim. Warum die eine Einschätzung „Hellseherei“ ist, die andere nicht, das erschließt sich mir nicht.

Wenn die Einnahmen am Ende des Jahres besser eingeschätzt werden und die Ausgabenentwicklung geringer eingeschätzt wird als von der Kämmerin angenommen, dann bleibt Geld übrig, das die Koalition mit den Steuerbescheiden uns in den nächsten Wochen aus den Taschen zieht. Dabei haben wir keine Fakten verkannt, wie der Bürgermeister unterstellt.

Warnen kann ich nur davor, dass die 20% Erhöhung der Steuern durch die Bürgermeisterkoalition weiterhin bagatellisiert wird. Aus der Sicht des gehobenen Mittelstandes in der Definition von Friedrich Merz sicherlich kein Problem. Aus der Sicht der Menschen, die jetzt schon nicht wissen, wie sie die explodierenden Energiekosten wegstecken sollen fühlt sich das ganz anders an. Ich möchte den Vereinsvorsitzenden erleben, der seinen Mitgliedern aktuell eine 20 % Beitragserhöhung zumutet. Bevor ihr den BürgerInnen in die Tasche greift, solltet ihr

  1. alle Fördertöpfe konsequent nutzen, da bleibt zu viel liegen.
  2. die Stadtverwaltung so umbauen, dass sie wirksamer arbeitet.
  3. die Sorpesee GmbH weiterentwickeln, so dass sie Erträge abwirft.

 

Wir stimmen dem Doppelhaushalt 22/23 nicht zu.

  1. Er stellt keine Weichen für eine nachhaltigen Beitrag zum selbst gesteckten Ziel der Klimaneutralität 2030.
  2. Er ist nicht sozial ausgewogen.
  3. Die Finanzierung dringend erforderliche Stellen z.B. für die Prävention vor weiteren Klimaereignissen sind nicht gesichert.
  4. Die beschlossenen Steuererhöhungen sind nicht erforderlich und stellen für die BürgerInnen dieser Stadt eine unzumutbare Belastung dar.