Sundern. Für Klaus Bunse, Polizeidirektor beim Hochsauerlandkreis, ist klar: In Sundern lebt`s sich sicher! Er berief sich dabei bei einer im Sunderner „Stadtkrug“ vom SPD-Ortsverein Sundern und der AG 60plus gemeinsam durchgeführten Podiumsdiskussion zu den Fragen, ob man in unserem Staat noch sicher leben und uns die Polizei noch ausreichend schützen kann, auf die wenige Tage zuvor veröffentlichte Kriminalitätsstatistik des Landes. Danach gehört Sundern zu den sichersten Orten ganz Nordrhein-Westfalens. Dem widersprach nicht nur Sabine Haake, Vorsitzende des gastgebenden Ortsvereins, sondern auch einige andere Teilnehmerinnen. Übereinstimmend berichteten sie, auch in Sundern und seinen Nachbargemeinden gebe es Orte, an denen man sich nicht sicher fühle. Insbesondere Frauen trauten sich nicht mehr, alleine zu bestimmten Zeiten bestimmte Orte aufzusuchen oder zu passieren. Die zunehmende Respektlosigkeit, vor allem leider jüngerer Mitmenschen, schüre Ängste. Sie wünschten sich mehr Polizeipräsenz und konsequenteres und schnelleres Durchgreifen des Rechtsstaats gegenüber Straftätern. Sebastian Fiedler, SPD-MdB und früherer Vorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter wie auch der Stellvertr. Vorsitzende der SPD-Bundestagfraktion und in dieser Funktion auch für den Bereich Recht zuständige heimische Bundestagsabgeordneter Dirk Wiese, machten deutlich, wie schwierig es für die Strafverfolgungsbehörden häufig sei, die Täter zu ermitteln und im Einzelfall auch eine Straftat gerichtsfest nachweisen zu können. Das werde besonders auch an den in der Öffentlichkeit oft als beispielhaftes Staatsversagen dargestellten Krawallen und Ausschreitungen zu unterschiedlichsten Anlässen wie z.B. Silvesterfeiern oder Fußballspielen deutlich. Es sei häufig nahezu unmöglich, aus einer Masse vermummter und maskierter Randalierer heraus verübte Straftaten erstens jemanden zu identifizieren und zweitens einer konkreten Person auch eine konkrete Tat nachzuweisen. Ob da die häufig als Allheilmittel gepriesene Kameraüberwachung im öffentlichen Raum helfen würde, sei zweifelhaft. Häufig führe das nur zu einer Verlagerung der nicht gewünschten Aktivitäten an andere Orte und die Identifizierungsproblematik bei Krawallen würde dadurch auch nicht gelöst. Und obendrein: Wolle man wirklich eine umfängliche Kameraüberwachung? Auch und gerade bei dieser Frage werde der Widerspruch zwischen größtmöglicher Sicherheit und größtmöglicher persönlicher Freiheit spürbar.
Die von allen Versammlungsteilnehmern beklagte zunehmende Verrohung im menschlichen Miteinander, vor allem aber die sich mehrenden, inakzeptablen tätlichen Angriffe auf Polizei, Feuerwehr oder Sanitätsdienste nahmen einen breiten Raum in der Diskussion ein. Selbst in Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge, so die Klage einer langjährigen Pflegekraft, komme es in letzter Zeit zu nicht nur verbalen Angriffen gegenüber dem Personal. Hier fehle häufig auch der Rückhalt der Geschäftsführungen, die Vorfälle nicht zur Anzeige brächten, um den Ruf ihrer Institution nicht zu gefährden und dadurch „Kunden“ zu verlieren. Die Folge sei deshalb häufig nicht das erwartete Angehen gegen diese unliebsamen Umstände, sondern der Exodus des Personals.
Härtere Strafen, so waren sich Fiedler und Wiese einig, bringe da wenig. Die vorhandenen Rechtsmittel böten alle Voraussetzungen für angemessene Strafen, wenn, ja wenn man denn der Täter, Täterinnen habhaft werden und ihnen, siehe oben, auch konkrete Straftaten nachweisen könne. „Niemand“, so Dirk Wiese, „wird als Straftäter geboren!“ Sebastian Held, souveräner Moderator der Diskussion und im Beruf ebenfalls Polizist, verwies darauf, dass die allermeisten Jugendlichen nur einmal straffällig würden und dann aus der erfolgten Bestrafung ihre Lehren gezogen hätten. Die Prävention müsse mehr in den Blick genommen werden. Zahlreiche Versammlungsteilnehmer plädierten in diesem Zusammenhang für die verpflichtende Einführung eines sozialen Jahres oder zumindest einiger sozialer Monate. Hier könnten Jugendlichen persönlichkeitsbildende Erfahrungen, Empathie zu anderen und soziale Verhaltensweisen vermittelt werden.
Um die Ziele von mehr Prävention, mehr Schutz und mehr Aufklärung zu erreichen, da waren sich alle Podiumsteilnehmer einig, bedürfe es mehr Personal, auch bei der Polizei. Es sei mehr Präsenz von Polizei und auch Kriminalpolizei vor Ort notwendig. Dass sei aber nur schwer zu generieren. Der Staat, so Sebastian Fiedler, müsse den Beruf der Polizei attraktiver machen. Dazu gehörten bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung. An beiden mangele es auch und besonders in NRW. Dass z.B. in manchen Städten und Kreisen hierzulande Polizeibeamte zwangsweise zur Arbeit bei der Kriminalpolizei abgeordnet werden müssten, spreche Bände über die dortigen Arbeitsbedingungen. Wie solle unter solchen Bedingungen eine erfolgreiche Kriminalitätsaufklärung funktionieren?
Zum Schluss bedankte sich Manfred Schlicker als Vorsitzender der AG 60plus bei den Podiumsteilnehmern und auch bei den überraschend zahlreich erschienenen Gästen für die lebhafte, sachliche und zielgerichtete Diskussion.
Foto: Das Podium mit (v. l. n. r.) Sebastian Held, Sebastian Fiedler, Klaus Bunse, Sabine Haake und Dirk Wiese.